Warum ist Veränderung von Zeit zu Zeit so wichtig?

Warum ist Veränderung von Zeit zu Zeit so wichtig?

2016-07-19 9 Von nicoleinez

Veränderung,  Umstrukturierung, Wandlung und Neuanfang: Das sind die lebenslangen Unwörter aller Jahre und zwar für sehr viele Menschen. Das Neue, Unbekannte und die Veränderung macht Menschen Angst, mehr als ihre Kontoauszüge, mehr als sonst was. Damit ihr mir jetzt vor lauter Bang nicht gleich beim ersten Absatz abspringt und euch unter der Decke versteckt, werde ich auf weitere Wörter der Veränderung verzichten. Und wenn ich ehrlich bin, ich habe ja selbst Angst davor. Doch ist das gut? Und warum ist das so?

In meinen Gedankenschemen, die ich von Klein auf gelernt habe, gehe ich einem Alter zu, indem man „sesshaft“ sein sollte. Eigentlich sollte ich schon verheiratet sein, seit Jahren denselben Job haben, mindestens ein Kind haben und mir gemeinsam mit meinem Partner ein Heim finanziert haben bzw. einen Kredit aufgenommen haben, um es bis ans Lebensende abzubezahlen.

Ein Hund oder eine Katze und ein Familienvan wären nicht schlecht, damit das idyllische Bild eine schöne Abrundung bekommt. Und wenn das alles dann seine Perfektion erreicht hat, sind Veränderungen ausgeschlossen und die Entwicklung abgeschlossen. Krankheiten, psychische Phänomene, unglücklich sein und sich nach etwas anderem sehen sind allemal besser, als Veränderung.

Ich habe nichts gegen sesshaft werden. Im Gegenteil. Natürlich kann ich dem etwas abgewinnen, wenn man gewisse Fixpunkte im Leben hat. Vor allem finde ich es wichtig, sich über die Jahre einen stabilen Bekannten- und Freundeskreis aufgebaut zu haben (auch wenn es hier sehr wichtig ist, dass man sich von schädlichen Menschen trennt, egal wie schmerzhaft das auch sein kann). Auch ist es begrüßenswert, wenn man sich über die Jahre etwas aufgebaut hat und weiß, womit man die Vollkorn-Hirse-Brötchen auf seinem Tellerchen bezahlt. Kinder sind ebenfalls kein No-Go auf einem Lebensplan. Aber alle aufgezählten Dinge sollen für mich niemals zu einem Must have, weil das Alter es verlangt, werden.

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Und auch wenn ich so große Töne spucke, ist der rebellische Teil in mir in den letzten Jahren mehr und mehr verstummt. Ich sehe in einigen Bereichen meines Lebens Handlungsbedarf und verdränge es aber gerne. Das „Witzige“ an solchen Mechanismen ist ja, dass sich die Zeichen der Zeit einfach häufen, wenn man einfach weitergehen sollte und einen Entwicklungsschritt setzen sollte. Da passieren dann gehäuft Dinge, die einen schwarz auf weiß vor Augen halten, dass man sich beispielsweise bestimmte Umstände einfach nicht mehr gefallen lassen möchte. Die Siuationen, die einer „Versteckten Kamera-Situation“ ähneln, werden eine Regelmäßigeit. Sei es nun im Job, in Beziehungen, in der Wohnbedingung, oder gar in dem Umfeld (Ort) in dem man lebt.

Es geht eine zeitlang gut (für manche gar ein Leben lang), dass man sich Ereignisse schön redet und die Veränderung einem hinterherläuft. „Es ist ja nicht so schlimm, dass ich ständig unbezahlt Überstunden machen muss.“ „Ich höre einfach nicht mehr hin, wenn sie das nächste Mal wieder abfällig wird.“ „Sei nicht so sensibel, das ist ja nur halb so schlimm.“ „Du möchtest ja nur davonlaufen. Meinst du, wo anders ist es besser? Bestimmt nicht.“ „In einer Beziehung gehören solche Dinge eben dazu, man kann nicht alles haben.“ „Warte einfach ab und überstürze nichts, es wird sicher besser werden.“

Das sind alles beschwichtigende Worte unseres inneren Anteils, der nicht verlieren möchte, was bereits aufgebaut wurde. Der möchte auch das Gesicht und den Schein waren. Es passt nach Außen hin alles und solange es nicht offiziell wird, dass dem nicht so ist, verdränge ich. Er ist vorsichtig und überlegt einfach alles bis ins letzte Detail. Natürlich hat diese Seite in uns auch eine wirklich wichtige Funktion: Sie bewahrt uns vor impulsiven Handlungen, Kurzschlussreaktionen und unbedachten Entscheidungen.

Und doch sollte man diese innere Meinung von Zeit zu Zeit hinterfragen und Veränderung zulassen. Jeder Mensch ist anders, wenn es um Veränderungen geht und fast alle von uns sind Gewohnheitstiere. Das Meiste, was wir jeden Tag machen, läuft mehr oder weniger automatisiert ab. Wir leben einfach dahin. Diese Tatsache ist nicht weiter tragisch und diese Automatismen schonen unseren Organismus, sonst wären wir in einer Art Dauerfluchtreflex und hätten einen explodierenden Stresspegel.

Dennoch sollte der Rebell in uns, der Drang nach Lebendigkeit und Freiheit ebenso seinen Platz bekommen. Vor allem dann, wenn es uns über längere Zeit einfach nicht mehr gut geht. Der Teilbereich oder die Bereiche im Leben, die sich einfach nicht mehr richtig anfühlen, müssen (sofern man weiter geistig und körperlich gesund bleiben möchte) geändert werden. Nicht selten führen verdrängte Wünsche, Probleme, Sorgen und Hoffnungen zu Burnout oder Depression. Auch körperlich Erkrankungen können Ausdruck von verpasstem Leben und verschobenen Problemen sein.

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Was sind die Gründe, warum wir so ungern was verändern?

Angst. Der Hauptgrund heißt schlicht und einfach Angst. Auch wenn das, was derzeit ist, nicht mehr das ist, was wir uns vorstellen, macht uns die Ungewissheit einer Veränderung noch mehr Angst. Es könnte ja noch schlimmer werden. Es könnte sich auch durch die Veränderung nichts verändern. Und wenn man sich bewusst gegen etwas entscheidet, dann ist das auch wirklich weg.

Vermeidung. Ein weiterer Grund ist, dass Mensch alles vermeiden möchte, was mit Verlust, Schmerz, Auseinandersetzung oder überhaupt Emotionen zu tun hat. Das kann einem sehr nahe gehen und alte Wunden aus der Kindheit aufkratzen. Darüber wissen die meisten Leute nichts (mehr) und lassen lieber alles, wie es ist.

Bequemlichkeit. Es ist so schön, jeden Tag in den Trott zu erwachen. Die krechzende Stimme des Partners zu hören, auch wenn man sie am liebsten nie wieder hören möchte. Die Verfilzung der Haare und der vetraute Mundgeruch. Ein Traum. Man weiß ja zumindest, dass man nicht allein sein muss. Und das Kindergebrüll übertönt ja eh nach einiger Zeit die Stimme des Partners. Man braucht sich nicht um soziale Kontakte oder einen neuen Lebensgefährten bemühen, denn alles was man braucht, ist da: Essen, Zuneigung, gemeinsame Unternehmungen, gemeinsamer Trott, gemeinsame Menschen. Besser gemeinsam einsam, als bewusst allein.

Schein. Unsere Gesellschaft liebt und lebt oftmals lieber den Schein, als die eigentlich gefühlte Wahrheit. Es ist sehr oft wichtig, was andere von uns und unseren Entscheidungen halten könnten und was denn nun wäre, wenn man sich zeigt, wie man ist. Das ist vor allem in Jobs und kleineren Städten und vor allem am Land nicht erwünscht. Denn dann würden die Leute reden und sich „das Maul zerreissen“. Als Halblandmensch muss ich sagen, dass das nicht nur ein Gerücht ist, sondern es wirklich stimmt. Leute, von deren Existenz man nicht Mal gewusst hat, wissen was du nachts trägst.

Resignation. Vielleicht hat man auch versucht, etwas zu verändern, ist aber immer wieder gescheitert. Auf halber Strecke ging dann der Mut verloren, oder man wurde wieder schwach und ließ sich einsulen. Die Zukunft wäre in manchen Momenten vielleicht sogar schon zum Greifen nahe gewesen, aber im letzten Moment hielt man sich dann doch lieber am letzten Strohhalm fest. Nach dem x-ten Versuch hat man dann keine Kraft mehr und arrangiert sich mit der Situation. „Man macht das Beste daraus“ und „so schlimm ist es doch gar nicht“. Die Einstellung zu den Dingen macht ja bekanntlich sehr viel aus.

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Was in mir vorgeht, wenn ich an Veränderung denke!

Wenn ich in mich hineinfühle und merke, was sich nicht mehr stimmig anfühlt, dann bekomme ich als ersten Reflex Angst. Ich möchte nicht zustimmen, dass etwas nicht mehr passt. Weil ich mich schon daran gewöhnt habe, weil ich mir in meinem Gefühl nicht traue. Weil ich daran denke, dass es mit großen Mühen verbunden ist, etwas zu ändern. Mein Gehirn schaltet sich also sofort ein und verdrängt jeglichen Zugang zu meiner Inneren Stimme. 100 Argumente stellen sich ein, die mir verdeutlichen sollen, dass wir erstmal abwarten und Tee trinken. Die Hoffnung schleicht sich mit ein und verspricht mir Veränderung. Und die Gutgläubigkeit gesesellt sich dazu, um mir weiß zu machen, dass das alles ja gar nicht so schlimm ist.

Wenn ich weiß, dass große Veränderungen anstehen, dann werde ich eigenartig. Ich warte sehr lange ab und will es nicht wahrhaben. So lange es geht, mache ich Bögen darum. Ich rede dann mit vertrauten Personen sehr viel darüber und kann nachts schlechter schlafen. Für und wider werden abgewogen und Herz kämpft gegen Verstand. Und obwohl ich viele Techniken gelernt habe, wie man sich beruhigt, wie man sich einer Situation annimmt und sie akzeptiert. Obwohl ich weiß, wie man sich Dinge auch schön reden kann, bin ich viel zu sehr Mensch, um mir etwas ein- oder auszureden, anstatt die Realiät anzuerkennen und Maßnahmen zu ergreifen.

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Wie kann ich den Schritt zur Veränderung wagen?

Listen. Es klingt wahrscheinlich sehr banal, aber + und – -Listen helfen oft enorm weiter. Vor allem wenn du eine Person bist, die sehr rational lebt, hast du somit schwarz auf weiß deine Punkte. Oft wird dadurch ganz klar, welche Option vorne liegt. Wichtig ist hierbei, dass deine Gedanken ehrlich sein dürfen.

Ermutigungen. Wenn du zu einer Entscheidung tendierst und dein Herz „ja“ sagt, ist es sehr wichtig, dass du dir Zuspruch holst. Dazu musst du dich an Leute wenden, die wirklich hinter dir stehen und dir nicht aus Egoismus zu etwas raten würden. Oder du sprichst mit objektiven Personen darüber. Die haben nämlich nichts von deiner Entscheidung und werden dir einfach sagen, was sie empfinden.

Information. Wer nichts weiß, kann auch nicht bewusst entscheiden. Das ist kein Zitat, sondern meine Meinung. Wenn du keine Fakten zu einer bestimmten Sache einholst, kannst du auch keine Entscheidung fällen. Planst du z.B. einen Umzug? Dann musst du zumindest über deine Vorlieben, dein Budget und deine Verfügbarkeiten Bescheid wissen. Niemand sonst kann dir dabei behilflich sein, wenn es um Fakten geht, die für dich wichtig sind.

Realisierbarkeit. Ist dein Wunsch nach Veränderung realisierbar oder ist es eine Utopie, von der du nur nachts träumen kannst, weil einfach alles dagegen spricht. In welchem Zeitraum ist die Umsetzung möglich und wer könnte dir dabei helfen?

Austausch. Niemand ist jemals mit einer Situation allein. Und damit meine ich gar nicht, dass man immer und überall Freunde braucht. Damit meine ich, dass es immer Gleichgesinnte gibt, die vielleicht gerade ähnliches durchmachen. Vielleicht gibt es auch Leute, die das was dir bevorsteht, schon hinter sich haben und dir Tipps geben können.Und sobald die Verwandlung im Gange ist, kommen auch andere Menschen und Eindrücke in dein Leben.

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Mein persönlicher Mentor (auch wenn schon verstorben), ist Hermann Hesse. Seine Texte sind für mich so voll Wahrheit und sie geben mir Mut und Kraft, wenn ich vor einem Wegweiser stehe und eigentlich schon weiß, wohin ich gehöre und nur die Angst mich im Arm hält.

Stufen (Hermann Hesse)

„Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf‘ um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegen senden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden…
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!“

Hier erfährst du, warum es uns so schwer fällt, Dinge loszulassen.

Liebe Grüße,
Eure Nicole

 


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